Der Duft des langen Weges
Das längste Stück Weg in unserem Garten befindet sich im Double Border. Ein Weg aus Betonplatten, nur unterbrochen durch kleine Steinwacken, führt schnurgerade vom Entré zur Cafe-Laube. Dort geht er in Form einer Biegung, in den Weißen Garten über. Gesäumt ist dieser Weg links und rechts von zwei üppigen Beeten. Deshalb habe ich diesen Gartenraum Double Border benannt. Im Juni entfaltet sich dort ein besonderer Duft, der vom sanften Wind über den Weg hinweg getragen wird.
Die Beete sind auf beiden Seiten mit den gleichen Stauden bepflanzt. In den Farben Weiß, Gelb und Silber versprühen sie einen besonderen Charme. Die Farbe Gelb in ein Beet zu integrieren, war für mich ein besonderes Wagnis. Gelb ist nicht immer einfach zu integrieren. In geschickter Kombination konnte ich das Beet trotzdem zu einem besonderen Augenschmaus machen. Diese Beete bestechen jedoch nicht nur mit ihrer Blütenpracht, sondern auch mit ihrem Duft.
Düfte sind wunderbar. Zumindest, wenn sie wohlriechend sind.
Natürlich geht man bei “Duft” immer von einem wohlriechenden Geruch aus. Ich liebe es, wenn ich durch einen Garten gehe und nicht nur durch Sehen, Fühlen und Hören in ihn eintauchen kann, sondern auch durch Riechen. Dufterlebnisse bleiben oft länger im Gedächtnis abrufbar, als Erinnerungen, die man mit Hilfe anderer Sinneseindrücke macht.
Zum Beispiel weckt der Duft von Kaffee in mir sofort Gefühle von Ruhe, Gemütlichkeit und Gelassenheit aus. Dann sehe ich vor meinem inneren Auge einen schön gedeckten Tisch mit Kaffee und Kuchen. Damit verbunden rieche ich oft auch frisches Gebäck. Dufterinnerungen, die bei mir immer wieder gemeinsam ausgelöst werden. Auch meine Duftwicken haben eine solche Erinnerung ausgelöst. Wenn ich an ihnen rieche, erinnere ich mich sofort an das Bad eines Hotels am Gardasee. Vermutlich stand der Wickenduft Pate für ein Reinigungsmittel, das in diesem Bad verwendet wurde.
Das Double Border bietet im Juni ein besonderes Duft-Bouquet, dass sicherlich auch zu einer prägenden Erfahrung werden wird. Es sind mehrere Stauden, die nun ihren Duft versprühen.
Die Bart-Iris “Cliffs of Dover” und die Bart-Iris “Cup Race” verströmen einen leicht süßlichen Duft. Ein bisschen rieche ich Marzipan heraus. Aber der Geruch erinnert mich auch an Tage am Meer. Irgendwie spüre ich beim Schnüffeln eine frische Brise, die vom Meer herauf zieht. Aufgrund der großen Menge an Iris, wird der Geruch verstärkt und besonders gut wahrgenommen.
Hinzu kommt die Rose “Vanessa Bell” die nicht nur mit ihren zart gelben Blütenblättern verzaubert, sondern opulent duftet. Sie riecht einfach nach Rose. Würde ich ein Gläschen mit Rosenessenz aufmachen, würde es nicht anders riechen. Ein typischer Geruch!
Als drittes Element kommen zwei verschiedene Wermutsorten hinzu. “Valerie Finnis” fällt mehr durch ihr Blattwerk auf, als durch ihren Duft. Sie liegt allerdings direkt am Wegesrand und wird daher genauso stark wahrgenommen, wie der etwas weiter im Beet liegende “Echte Wermut”. Der Duft ist vor allem würzig, herb, aber auch stark süß.
In Kombination entsteht ein grandioser Duft-Blumenstrauß. An leicht warmen und feuchten Tagen, wenn der Wind sanft über die Pflanzen streicht, kommt er besonders gut zum Ausdruck. Dann wird der wohlriechende Duft über den langen Weg geweht. Ob ich zukünftig beim Riechen eines ähnlichen Geruchs an mein Double Border erinnert werde? Bestimmt! Dann werde ich mich sicherlich zu Hause fühlen.
Ich wünsche Dir viele duftende Erlebnisse und Erinnerungen, die Dein Herz an kalten oder auch einsamen Tagen erwärmen. Man kann einfach lange an ihnen zehren.
Liebe Grüße,
Dein Sven.