Duftende Erinnerungen im Wohlfühlgarten
Geht es Dir manchmal auch so? Du gehst durch einen Garten und dann passiert etwas besonderes. Ein Duft streift Deine Nase und sofort kommt Dir eine schöne Erinnerung in den Sinn. Es sind Erinnerungen die Bilder an lieb gewonnene Menschen aufleben lassen oder an schöne Momente, die einen besonderen Zeitpunkt in Deinem Leben markieren. Plötzlich ist alles wieder da! Ganz klar, als wäre es erst gestern gewesen. Du riechst Dich in die Vergangenheit! Düfte sind ideal, um Erinnerungen zu wecken, die längst schon verschollen geglaubt waren. Deshalb ist ein Garten nicht nur aus visueller, sondern auch aus olfaktorischer Sicht ein besonderer Ort. Wie Du das nutzen kannst und Deinen Garten in einen duftenden Wohlfühlort verwandelst, zeige ich Dir jetzt.
Gemeinsam mit meiner Instagram-Kollegin Barbara von Kalm mache ich mich auf den Weg, um zu ergründen, warum uns Gerüche besonders gut an die Vergangenheit erinnern. Barbara ist eine wunderbare Gartenpoetin und schafft es perfekt den Eindruck einer Dufterinnerung in Worte zu fassen. So beginnen wir das Dufterlebnis zuerst in einem kleinen Video zu beschreiben, dass wir auf Instagram posten. Die Rückmeldungen zeigen uns, dass nicht nur wir im Garten auf duftende Erinnerungen stoßen, sondern auch viele andere Gartenmenschen:
“(…)Ich liebe (…) den Duft von Wicken, weil es sie früher schon im Garten meines Vaters gab und ich suche seit Jahren nach einer rosa blühenden Kletterrose mit ungefüllten Blüten, die genauso Duftet, wie die Rose in meiner Kindheit.”
“(…)Tatsächlich sind es bei mir die Duftwicken, die mich an meine Omi erinnern.”
“(…)und so sitze ich jedes Jahr wieder aufs Neue unter unserer alten Linde auf dem Bänkle und genieße den herzwärmenden, lieblichen Duft.”
“(…)Bei mir weckt der Duft von Bart-Nelken immer wieder die Erinnerung an meine Oma. Düfte berühren die Seele!”
Wenn nur ein Duft meine Nase streicht,
dann ist´s, also ob mich meine Seele in Frieden taucht.
Wenn dann meine Erinnerung dem Moment weicht,
spür ich, dass alles in mir ist, was ich brauch.
Ich pflanze diese Momente als Erdung für die Ewigkeit.
Und immer wenn mein Herz es bräuchte,
wäre ich für die Verbindung mit mir selbst bereit.
Barbara von Kalm
@meingartenvollerpoesie (Instagram)
Animiert durch die zustimmenden Kommentare machen wir uns daran mehr über duftende Erinnerungen heraus zu finden. Auf unserer Recherche stoßen wir zunächst in der Literatur auf Dufterinnerungen. Allerdings nicht direkt in Verbindung mit dem Thema Garten. Der Schriftsteller Marcel Proust berichtet in seinem Roman “Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” von 1910 ebenfalls von einer Erinnerung, die durch einen Duft ausgelöst wurde. Aufgrund dieser präzisen niedergeschriebenen Beobachtung, findet sich später die Bezeichnung “Proust-Effekt” für solche Erinnerungsvorgänge wieder. Er beschreibt wie der Duft von Madeleines und Lindenblütentee den Protagonisten zu einer ungewöhnlichen Reaktion führen: Er “(…) war wie gebannt durch etwas Ungewöhnliches, das sich in ihm vollzog. Ein unerhörtes Glücksgefühl, das ganz für sich allein bestand, hatte ihn durchströmt. (…) Und dann mit einem Male war die Erinnerung da. Der Geschmack war der jener Madeleine, die ihm am Sonntagmorgen seine Tante Léonie anbot, nachdem sie sie in ihren Tee getaucht hatte.”
“Gerüche landen direkt in Teilen unseres Gehirns, die für die Erinnerung zuständig sind. Dort werden sie mit Gefühlen verbunden. Deshalb sind Gerüche auch stark mit unseren Erinnerungen verknüpft. So kann uns der Geruch von Lavendel an den Urlaub im Süden erinnern. Der Rosenduft vielleicht an Omas Garten. Pflanze deshalb positive Erinnerungen in Deinen Garten!”
Sven Beck
Beetwunderung.de
Auch ich habe solche Dufterinnerungen in meinem Garten. Wenn ich durch meinen Kräuter- und Gemüsegarten gehe und ich durch die Kräuter streife, steigt mir unweigerlich der Duft von Rosmarin in die Nase und prompt bin ich woanders! Der wunderbare Duft führt mich gedanklich direkt in das Ferienhaus meiner Großeltern, dass sie während meiner Kindheit und Jugend an einem Berghang in der Nähe des Lago Maggiore besessen haben. Die Terrasse war flankiert von riesigen Rosmarinbüschen, die ihren Duft im ganzen Garten verströmten. Ich sehe die Terrasse mit dem groben und grauen Steinfußboden und den schweren dunkelbraunen Holzmöbeln direkt vor mir. Auch die Fotos aus den Alben meiner Kindheit sind damit verknüpft und ich sehe mich selbst als Kind mit einer Badehose bekleidet vor der Terrasse im Rasen spielen. Ich sehe auch mich und meinen Herzensmensch, wie wir dort in unserem ersten gemeinsamen Urlaub, den Rosmarin schneiden und damit eine Sahnesoße verfeinern. Alles war so unbeschwert und leicht – ein tolles Gefühl!
Barbara berichtet mir ebenfalls von einer Erinnerung, die sie beschleicht, wenn sie im Garten an ihrem Apfelbaum vorbeigeht. Beflügelt durch den süßen Duft der Äpfel kommen ihr Erinnerungen aus der Kindheit in den Sinn: “(…) es ist nicht unbedingt der Baum, aber der Duft von frisch geernteten Äpfeln. Dort, wo heute nichts als Häuser stehen, war eine riesige Apfelbaumplantage und ein kleiner Hofladen, an den ich mich sofort erinnere. Der Duft ist eingebrannt in meine Seele, mitsamt aller dazugehören Gefühle – vor allem zu der Situation, wenn wir eine Ladung Fallobst geschenkt bekommen haben, dass zu Hause zu herrlichem Apfelmus verwandelt wurde. Wenn ich meine eigenen Äpfel ernte, dann ist es so, als wäre alle Unbeschwertheit und Liebe der Kindheit wieder da.” Barbaras Bericht, Proust´s Beschreibung und meine eigene Erfahrung zeigen, dass es nicht allein Erinnerungen sind, die die Düfte aus unserem Garten in uns wachrufen, sondern auch die damit verbundenen Gefühle.
Studien zeigen, dass Gerüche im Gegensatz zu anderen Sinnesreizen Erinnerungen hervorrufen, die deutlich weiter zurück liegen, intensiver und eher positiv sind. Das hat vermutlich Gründe, die in der Verarbeitung dieser Reize im Gehirn liegen, aber das ist letztlich nicht ganz geklärt. So gehen olfaktorisch aufgenommene Reize direkt in den Hippocampus, einen Bereich der als zentraler Gedächtnispunkt bezeichnet werden kann. Die Amygdala liegt dem sehr nahe und ist ein wichtiges Areal für unsere Gefühlswelt. Hier entsteht eine Verknüpfung. Andere Sinnesreize nehmen zuerst einen Umweg über den Thalamus. Vielleicht der Grund für die intensive Verbindung von Geruch und Erinnerung? Evolutionär ist der Geruchssinn auf jeden Fall unserer ältester Sinn, was die direkte Verschaltung erklären könnte. Wie auch immer – die Verbindung zwischen Duftreiz und Erinnerung ist auf jeden Fall stark.
Mein Buch
“In meinem Buch findest Du weitere Ideen, wie Du mithilfe psychologischer Tricks Deinen Garten zu einer bezaubernden Wohlfühloase machen kannst.”
Was bedeutet dies für die Planung eines Gartens? In meinem Buch “Blüh auf! Stressfrei gärtnern und Kraft aus dem eigenen Garten schöpfen”, erkläre ich, wie man einen Garten aus psychologischer Sicht gestalten kann. Zum Beispiel mit Farben, also den Sehsinn betreffend. Mit der Erkenntnis, dass auch der Geruchsinn eine große Rolle bei der Gestaltung eines Gartens spielen kann, kommt nun ein neuer Aspekt hinzu. Zwar spielen duftende Pflanzen bei der Gestaltung eines Gartens immer wieder eine Rolle, aber der Erinnerungseffekt in Bezug auf den Geruch wird meist vernachlässigt. Dabei kann die duftende Erinnerung aus dem Urlaub Gefühle, wie Entspannung, Freude, Ruhe ebenso hervorbringen, wie der Urlaub selbst. Oder die Erinnerung von duftenden Rosen an eine liebevollen Oma, Gefühle wie Ruhe, Geborgenheit und Liebe. Durch das Pflanzen solcher Dufterinnerungen holst Du Dir die schönen Gefühle aus vergangenen Zeiten zurück in den Garten.
Die Gartentherapie bietet zum Thema Gerüche bereits erste umsetzbare Erkenntnisse, die vor allem bei Demenz- oder Alzheimererkrankungen eingesetzt werden. So werden duftende Pflanzen genutzt, um längst verschollen geglaubte Erinnerungen wach zu rufen. In Gärten, die an Alten- und Pflegeheime angeschlossen sind, werden deshalb solche Pflanzen gesetzt, die diese Generation noch aus dem eigenen Garten kennen könnte und in der Regel positiv verknüpft sind. Je mehr Sinne eine solche Pflanze anregt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Erinnerung wachgerufen wird. Deshalb sollte auf keinen Fall auf bekannte Duftpflanzen mit Erinnerungspotential verzichtet werden – denn sie schaffen diesen Anspruch in der Regel am besten!
“Diese Pflanzen haben Erinnerungspotenzial: Apfel, Baldrian, Bartnelke, Duftgeranie, Erdbeeren, Flieder, Geißblatt, Gewürzstrauch, Goldlack, Indianernessel, Jasmin, Kamille, Katzenminze, Lavendel, Linde, Mädesüß, Maiglöckchen, Minze, Muskatellersalbei, Nachtkerze, Nachtviole, Pfeifenstrauch, Rose, Rosmarin, Salbei, Schokoladenkosmee, Seifenkraut, Thymian, Tomate, Veilchen, Verbene, Waldmeister, Weihrauch, Wicke, Winter-Duftschneeball, Zaubernuss, Zitrone und viele mehr.”
Sven Beck
Beetwunderung.de
Meistens begegnen Dir solche Dufterinnerungen ganz überraschend bei einem Gartenbesuch. Allerdings kannst Du sie auch ganz bewusst hervorrufen. Damit Du Dir die guten Gefühle aus der Vergangenheit in den Garten der Gegenwart pflanzen kannst, solltest Du versuchen Dich zurück zu erinnern, welche Erfahrungen Du mit Gärten und Gartenmenschen gemacht hast. Wer spielte dabei eine besonders wichtige Rolle? Versuche Dich daran zu erinnern, was angepflanzt wurde. War etwas duftendes dabei? Den anschließenden Riechtest kannst Du in einer Gärtnerei oder einem Gartenmarkt machen. Vielleicht löst die von Dir erinnerte Pflanze eine tatsächliche Erinnerung aus? Dann muss sie unbedingt in Deinen Garten!
Solche Pflanzen solltest Du an Orte pflanzen, an den sie gut gerochen werden können – also in Nasennähe. Gut geeignet ist ein Platz nahe eines Sitzplatzes oder am Rande eines Weges, den Du oft entlang läufst. Im Hochbeet sind solche Pflanzen ebenfalls gut aufgehoben. Dort sind sie direkt auf Riechhöhe und entfalten ihre Wirkung am besten!
Vielleicht hast Du auch solche Dufterinnerungen in Deinem Garten und möchtest davon in den Kommentaren berichten? Manchmal sind sie gar nicht bewusst gepflanzt und überraschen Dich auf einmal mit einer schönen Erinnerung. Oft höre ich von Erinnerungen, die durch den Duft von Wicken, Linden, Flieder oder Rosen ausgelöst werden. Aber auch das Laub von Tomaten kann Erinnerungen an die eigene Kindheit oder besonderen Menschen wecken. Es muss also nicht immer der Duft einer Blüte sein. Blätter, Rinden oder Stängel können ebenfalls wunderbar duften. Deshalb empfehle ich Dir, Deinen Garten mit duftenden Erinnerungen zu bestücken und das zu pflanzen, das Dir schöne Gefühle beschert. Hierzu werden sich in den nächsten Wochen noch einige Gartenmenschen zu Wort melden und von ihren duftenden Erinnerungen erzählen. Du darfst also gespannt sein, was hier noch alles passiert!
Viele schöne Dufterinnerungen wünscht Dir,
Dein Sven.
Weiterführende Links (Werbung ohne Gegenwert):
Pflanztipps
“Damit Deine Duftpflanzen auch gut anwachsen, zeige ich Dir in diesem Blogbeitrag, was Du beim Einpflanzen alles beachten solltest!”
Mein Buch
“In meinem Buch findest Du weitere Ideen, wie Du mithilfe psychologischer Tricks Deinen Garten zu einer bezaubernden Wohlfühloase machen kannst.”
2 thoughts on “Duftende Erinnerungen im Wohlfühlgarten”
Lieber Sven,
die Idee, Erinnerungen mit Düften zurück ins Gedächtnis zu rufen….wunderschön! ich bin so gespannt auf die kommenden Beiträge und freue mich drauf….
sei lieb gegrüßt!
Karin
Lieber Sven, eben erst entdeckt, ein sehr schöner, ausgefallener Beitrag, danke dafür. Ich wunderte mich schon, dass Du so lange nichts gepostet hast, dabei habe ich einfach keine Benachrichtigung bekommen. Gut, dass ich Deinen neue Dekopost entdeckte und damit auch sah, dass Du durchaus sehr rührig warst auf dem Blog. Ich habe erneut versucht, Benachrichtigungen bei neuen Posts zu bekommen, hoffe, es klappt diesmal besser.
LG Wurzerl