Vom Glück einen Garten zu schaffen
Auf dem Beipackzettel müsste stehen: Garten kann süchtig und glücklich machen. Dem würden viele der Gartenbesitzer zustimmen, die ich im Laufe meines Lebens kennen gelernt habe. Die Symbiose, die zwischen dem Gärtner und seinem Fleckchen Erde entsteht, kann gar nicht immer klar definiert und erklärt werden. Im Grunde genommen begründen das Gartenglück Gefühle, wie sie auch in einer Beziehung vorkommen. So ist es eine große Liebe, die auf weiteren Gefühlen basiert, wie Glück, Freude, Stolz, aber auch Wut, Frust und Trauer. Alles ähnelt einer großen Liebe zwischen zwei Menschen.
So war es nicht verwunderlich, dass ich Anfang des Jahres einen Notruf aus Büttelborn erhielt: Das Haus ist fertig, aber was soll mit dem Garten geschehen? Die Besitzer hatten sehr unterschiedliche Ideen, wie der Garten am Ende aussehen sollte und es war ihnen schleierhaft, wie sie dabei auf einen Nenner kommen sollten.
Einerseits wurde ein klassischer Hausgarten gewünscht, mit einer großen Rasenfläche, die von Beeten gesäumt wird. Der Blick sollte weit in den Garten reichen und über eine großzügige Terrasse für Feiern hinweggleiten.
Andererseits sollte ein verschlungener Staudengarten entstehen, mit vielen Beeten, einzelnen Sitzplätzen und einem Gemüsebereich. Schatten- und Sonnenbereiche waren genauso angedacht, wie intime und versteckte Plätze. Rasen war nicht so wichtig, sondern viel Stauden und weiteres Grün.
Ich konnte noch vor dem ersten Lockdown nach Büttelborn reisen und mir selbst ein Bild über den Garten machen. Schnell war mir klar, dass man hier einige Wünsche realisieren kann. Durchaus auch unterschiedliche. Der Garten ist groß genug, um Beide zufrieden stellen zu können.
Damit die einzelnen Wünsche etwas klarer definiert werden konnten, haben wir sie gesammelt und in Gartenzeitungen Bilder herausgesucht, die dem entsprachen, was sich jeder vorgestellt hatte. So entstand eine Collage, aus der sich die Art des Gartens heraus lesen ließ: ein moderner Cottagegarten sollte entstehen. Hauptsächlich mit Stauden die das Gesamtbild bestimmen.
Dabei wurde gesammelt, worauf die Gartenbesitzer auf keinen Fall verzichten wollen: eine große Terrasse, Rasen, Staudenbeete, Schattenbereiche, ein Pavillon, Platz für eine Hängematte und ein Gemüsebeet. Es war letztlich gar nicht so schwer, bei den unterschiedlichen Vorstellungen gemeinsame Aspekte heraus zu arbeiten.
Im weiteren Gespräch wurde mir klar, dass die Struktur des Gartens nicht formal, sondern fließend sein soll. In der Collage gab es einige Bilder, die diesem Wunsch entsprachen. Davon ausgehend wurden die Terrasse und der Rasen in einer organischen Struktur geformt. Der Blick soll weit in den Garten reichen und im hinteren Bereich intimer und uneinsehbar werden. Dies war dann der richtige Platz, um die Hängematte und den Pavillon zu platzieren.
Ein großer Baum soll den weitläufigen Bereich begrenzen und den Blick in den hinteren Gartenbereich lenken. Ein Kirschbaum ist der Baum der Wahl. Daran angrenzend, wird ein verschlungener Pfad nach hinten durch Stauden, Büsche und Bäume führen und im Grün verschwinden.
Neben dem Haus planten wir den Gemüse- und Naschgarten. Hochbeete sollen die Arbeit erleichtern und diesen Gartenbereich strukturieren. An der Wand soll Spalierobst entlang gezogen werden. Ein wunderbarer Bereich, der für das kulinarische Wohl sorgen wird.
Nachdem der Plan auf die Grundstücksfläche übertragen war, haben die Besitzer das Jahr 2020 über immer wieder an der Entstehung des Gartens gearbeitet. Beete wurden abgesteckt und bepflanzt, der Rasen wurde eingesäht und die Einfahrt wurde gepflastert. Fast alles wurde in Eigenregie nach und nach erstellt. Die Liebe entwickelte sich und man merkte deutlich, dass trotz Frust, Stress und viel Kraftaufwand, die Verbindung zum Garten immer mehr wuchs. Mit jedem Millimeter Wachstum des Rasens, mit jeder neuen Blüte und jedem neu angelegten Gartenteil vervielfachte sich auch die Begeisterung.
Nicht selten wurden mir Bilder zugeschickt, die jeden einzelnen Fortschritt stolz dokumentierten. In Anlehnung an die blaue Fassade des Hauses, wollen die Gartenverliebten ihr Fleckchen Grün in blau, lila und rosa blühen lassen. Das soll Harmonie schaffen. Um hier und da noch etwas Spannung ins Beet zu bringen wird mit Weiß und mit Gelb als Komplementärfarbe zu Blau gearbeitet. Hauptsächlich werden die Beete mit Stauden bepflanzt. Da der Boden sandig ist und wenig Wasser hält, wurde der Boden bereits im Frühjahr mit Humus aufbereitet. Hauptsächlich wurden solche Pflanzen ausgewählt, die gut mit wenig Wasser auskommen.
Im ersten Jahr blühen bereits Salbei, Kugeldisteln und Kosmeen um die Wette. Man sieht dem Garten an, dass das Farbkonzept aufgegangen ist. Die Beete wirken sehr harmonisch. Viele Bilder von blühenden Stauden erreichten mich zu dieser Zeit.
Die Wege im hinteren Gartenbereich sind Rasenwege. Bei der Planung war noch nicht klar, mit welchem Material die Wege zukünftig ausgestattet werden. Kostengünstig ist die Rasenvariante. Leider wurde das geplante Budget fast vollständig für den Hausbau genutzt, so dass günstige Gestaltungsmöglichkeiten im Mittelpunkt stehen.
Wie man an den Bildern sehen kann, ist die Planung voll aufgegangen. Die Staudenbeete sind schon im ersten Jahr üppig und blütenreich und lassen einen Vorgeschmack auf das nächste Jahr aufkommen. Die Bäume sind noch klein und brauchen ein paar Jahre, bis auch die Höhenstruktur des Gartens erreicht ist. Man kann es sich schon vorstellen, wie es einmal werden wird.
Spannend für mich war die Pflanzung mittels Videochat. Ich war wegen Corona nur einmal bei der Bepflanzung eines Beetes im Vorgarten dabei. Der Rest ist per Internet und später in Eigenregie gepflanzt. Es ist etwas schwierig, die Bepflanzung zweidimensional zu begleiten. Mir ist nicht klar, ob die Abstände stimmen. Gott sei Dank sind Stauden unkompliziert, so dass sie sich ohne Probleme noch einmal umsetzen lassen – sofern das notwendig wäre.
Im Herbst sieht der Garten bereits nach Garten aus. Unglaublich, was man in einem Jahr alles schaffen kann. Es war richtig harte Arbeit und ich muss den Besitzern meinen Respekt zollen. Ohne großes Garten- und Handwerkerwissen eine solche Landschaft zu schaffen ist meines Erachtens richtig großes Kino!
Ich freue mich, dass ich an der wachsenden Gestaltung des Gartens teilhaben darf. Es versetzt auch mich immer wieder in den Zustand eines “Verliebt-Seins” zurück und mit Schmetterlingen im Bauch warte ich auf die nächsten Gartenbilder.
Nächstes Jahr werde ich wieder aus dem Büttelborner Garten berichten. Die geplante Holzterrasse wird noch im Winter errichtet werden. Ich bin schon gespannt, wie sie den Garten aufwerten wird. Und ich werde noch näher auf den Vorgarten eingehen, der zum Ende des Herbstes bepflanzt wurde.
Ein Hoch auf die leidenschaftlichen Gärtner,
Sven.
5 thoughts on “Vom Glück einen Garten zu schaffen”
Wow 🤩
Sehr schön geschrieben. Wir fühlen uns sehr geschmeichelt und finden uns 1:1 wieder in den Beschreibungen.
Ohne dich, wäre unser Garten nicht so schön geworden.
Dankeschön 🥰
Schön, deinen Prozess miterleben zu dürfen. Wahnsinn, dass ihr das größtenteils aus der Ferne hinbekommen habt. Dieses Jahr ermutigt uns wirklich alle zu neuen Wegen. Bin gespannt, wie sich der Garten die nächsten Jahre entwickelt! Viele Grüße, Alex
Vielen vielen Dank auch von mir 🥰
Ich freue mich jeden Tag über den Ausblick aus unserem Terrassenfenster.
Wir freuen uns jetzt schon nächstes Jahr mit Dir einen 🍷 auf unserer Terrasse zu trinken und den Blick dann noch mehr genießen zu können
….ich liebe euren Garten, vielen Dank das ich immer wieder Gast sein darf 😘 tolle Arbeit
Einfach super : Nächstes Jahr gibt es ein Fest in Büttelborn ju hu 👍🍀🌺🌻🌸🌼🌾🌷🌹🌷🌹🌺🍃