Eigentlich sollte er nur eine vorübergehende Lösung während der Renovierung der Außenfassade unseres Hauses sein. Deshalb rahmt etwas provisorisch und nicht gerade professionell verankert, ein Staketenzaun unseren Vorgarten. Geplant war eine Eibenhecke, die den Vorgarten vor äußeren Einflüssen schützt und den frostigen Wind, der manchmal unsere Straße hinauf weht, außen vor lässt. Aber daran ist nicht mehr zu denken! Eine große Liebe ist entbrannt, zwischen mir und diesem Zaun. Und nicht nur mir geht es so! Auch die Pflanzen, die sich an ihn anlehnen, durch ihn hindurch schauen oder ihn mit ihren Ranken umschlingen, wollen ihn nicht mehr los werden. So wird er also bleiben!

Meine Wicken sind besonders in ihren starken Kletterpartner verliebt. Sie umschlingen jede einzelne Stakete mit ihren Ranken und blühen in den schönsten Farben. Für sie ist der Staketenzaun die beste Rankhilfe der Welt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die lieblichen einjährigen Duftwicken handelt oder die etwas robustere Staudenwicke, die Jahr für Jahr ein größeres, einnehmendes Wesen entwickelt und ihre Staketen über den Sommer nicht mehr hergibt. Sie gehören ihr ganz allein! Ihre große Liebe beweist sie mit ihren kräftig pink schimmernden Blüten, die den Zaun am Rosengarten krönen. Vielleicht blühen meine Strauchrosen dort deshalb so üppig! Wer will sich schon von einem Zaun die Show stehlen lassen! Hier ist der Konkurrenzgedanke bis aufs Äußerste entfacht!

Wer jedoch denkt, dass sich die Rosen nicht in den Zaun verliebt hätten, den muss ich eines Besseren belehren. Zwar sind zwei der Rosen noch etwas schüchtern und halten sich mit Liebesbeweisen ein klein wenig zurück, aber die wunderschöne Ramblerrosse „Apple Blossom“, die sich an der Westseite des Staketenzauns befindet, nimmt mit ihrem zupackenden Wesen bereits die komplette Seite ein. Ganz stürmisch hat sie ihn erklommen und versucht ihm etwas egoistisch vorzuschreiben wohin es geht. Er bleibt ganz gelassen und lässt ihr den Ruhm der bewundernden Blicke. Im Stillen weiß er ja, dass sie ohne ihn nur in die Garageneinfahrt hängen würde…

Noch immer etwas zaghaft, aber unglaublich lieblich lehnt sich die Wiesenraute über den Zaun hinaus. Mithilfe der stützenden und schützenden Staketen traut auch sie sich hinaus in die Welt zu blicken. Der Ausblick ist erst einmal nicht schön. Eine Straße führt am Grundstück vorbei und der Asphalt ist wie überall grau und trostlos. Doch in der Zwischenzeit haben sich dort Risse gebildet und erste neue Bewohner sind eingezogen. Es sind unglaublich belastbare Hitzekünstler, die die Straße nun besetzen. Das ist für die feuchte Wiesen gewohnte Schönheit etwas befremdlich und deshalb ist die Wiesenraute ganz froh, dass der schützende Staketenzaun ihr ganz wehrhaft zur Seite steht.

Solche Hitzekünstler sind übrigens die neuen Freunde des Zauns und können getrost als die Groupies der Staketenzäune betitelt werden. In der Zone zwischen Garten und Außenwelt prallen Erde, Kies, Stein und Asphalt aufeinander. Das ist nicht gerade die beste Lage. Deshalb braucht es dort robuste Bewohner, die mit diesen Bedingungen gut zurecht kommen. Kein Wunder, dass sich ganz von allein Sonnenhut, Eselsdistel und Muskatellersalbei eingefunden haben. Sie umjubeln nicht nur die Staketen, sondern sorgen auch für viel Trubel. Als Insektenmagneten ziehen sie weitere flüchtige Bekanntschaften an und lassen so weitere Bewohner einziehen. Das macht einem Naturgarten alle Ehre!

Besonders eindrucksvoll umwickelt die Klematis die Staketen. Im Mai zeigt sie, was sie kann und hüllt den Zaun an der Nordseite des Grundstücks wie der Künstler Christo mit seinen Tüchern, zu einem großen Teil ein – und das ganz ohne ihn mit der Last ihrer Liebe zu erdrücken. Sie verleiht dem Staketenzaun mit ihren weissen Blüten etwas edles und lässt ihn immer wieder unter dem Blütenteppich hindurch scheinen. Eine perfekte Liaison! Leider ist meine Klematis im letzten Winter komplett zurückgefroren und musste sich deshalb wieder vollständig neu aufbauen. Das hat sie jedoch problemlos über das Jahr hinweg geschafft. Diesen Winter hat sie ebenfalls wieder Federn lassen müssen. Aber nicht ganz so heftig wie im letzen Jahr. Es bleibt also spannend, ob sie ihre liebevolle Beziehung mit Hilfe ihrer Blüten erneut veredeln kann.

Wenn man die perfekte Liebe zwischen Zaun und Pflanze finden möchte, kommt man nicht um die Akelei herum. Sie passt sich an jede Begebenheit an, egal ob der Zaun sie beschattet oder die Bodenbedingungen nicht optimal sind. Zudem lässt sie ihrem Liebsten ganz viel Platz und stiehlt ihm auch nicht im Mindesten die Show. Ganz im Gegenteil: sie umspielt die Staketen und blinzelt auch mal zwischen ihnen hindurch. Ansonsten liegt sie dem Staketenzaun stets zu Füßen und streckt ihm ihre Blütenköpfe bewundernd entgegen. Das ist auch kein Wunder! Sie kennen sich schon unglaublich lange und haben sich stets als bewundernswertes Traumpaar betrachtet. In dieser Beziehung kann nichts schief gehen!

Das der Staketenzaun seinen Liebsten stets eine Stütze ist, sollte beim Lesen dieses Artikels bereits aufgefallen sein. Das betrifft jedoch nicht nur Kletterpflanzen! Auch Stauden, die eine Stütze vertragen, fühlen sich in seiner Nähe besonders wohl. Bei mir blühen im Mai und Juni wunderschöne Pfingstrosen entlang des Zauns. Ich habe sie sehr eng an den Zaun gepflanzt, so dass sie bereits von einer Seite aus gestützt werden und bei Bedarf das eine oder andere Blümchen am Zaun festgebunden werden kann. So können alle Pflanzen, die eher zum Umfallen neigen, an den Zaun gesetzt werden. Deshalb wachsen auch die Wald- oder Schneeballhortensien „Anabelle“ bei mir an ihm entlang.

Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt, wenn es darum geht, den Staketenzaun mit wunderschönen Blüten zu verzieren. Vielleicht hast auch Du einen Staketenzaun und kannst ein paar Pflanzen empfehlen, die gerne an ihm entlang wachsen? Über Deine Ideen in den Kommentaren freue ich mich schon jetzt.

Viel Spaß mit dem Begrünen Deines Staketenzauns wünscht Dir,

Dein Sven.

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