Der Garten der Wortkünstlerin
Das Leben der Schriftstellerin Virginia Woolf nahm am 28. März 1941 ein tragisches Ende. Sie füllte ihre Taschen mit Steinen und machte sich zu einem Flüsschen unweit ihres Hauses auf. Dann ging sie ins Wasser. Ihr Leben erlosch von einer Minute auf die andere. Die Erinnerung wird jedoch ewig bleiben. Ihr Leben, ihre Bücher, Briefe und ihr wundervoller Garten, sind ihr Vermächtnis an die Nachwelt.
Monks House wurde 1919 von Leonard Woolf auf einer Versteigerung erworben. Damals gab es das Glashaus, dass sich an die Rückseite des Hauses anschmiegt, noch nicht. Es sollte der Landsitz der Woolfs werden. Virginia und Leonard waren beide verliebt in Haus und Garten. Besonders die Obstwiese hatte es ihnen angetan. Viele der Bücher, die Virginia schrieb, wurden hier, in ihrer Schreibklause verfasst. Bereits der Weg durch den Garten, zu dem kleinen Häuschen, in dem alles zum Schreiben bereit stand, war ein Prozess der Inspiration.
Das Haus und der Garten liegen in einem kleinen idyllischen Dorf namens Rodmell. Dieser Ort verkörpert die typisch britische Idee, eines malerischen kleinen Ortes. Gepflegte Gärten, alte Cottages und enge Gässchen bestimmen das Bild. Es ist fast so, als wäre hier die Zeit stehen geblieben. Von der Straße aus wirken Haus und Grundstück erst einmal nicht sonderlich beeindruckend. Das hier etwas Besonderes sein muss, bemerkt man erst, wenn man an der offenen Garage vorbei kommt, in der der Verkauf der Eintrittskarten und ein Souvenirlädchen untergebracht sind.
Man betritt das Grundstück über ein paar Treppen und geht am ursprünglichen Eingangsbereich vorbei in den hinteren Gartenbereich. Der erste Gartenraum, den man betritt, ist der Italienische Garten. In der Mitte dieses Gartenraums befindet sich ein rechteckiger Teich. Er ist zum Großteil mit roten Ziegeln gepflastert und italienische Vasen und verschiedene Steinfiguren zieren diesen Platz. Die Idee zu diesem Gartenraum entwickelten Virginia und Leonard auf einer Italienreise, von der sie die Begeisterung italienischer Gärten mit nach Hause brachten.
Ein weiterer von Backsteinmauern umschlossener Raum, ist die Mühlstein-Terrasse. Auch hier ist der Boden gepflastert. Dazwischen sind Mühlsteine eingelassen. Sie stammen von einer nahe gelegenen Mühle, die 1912 abgerissen wurde. Auf den Mühlsteinen platzierten die Besitzer verschiedene Stein und Terrakottavasen. Sie dienen als Blickfang und sind teilweise bepflanzt. Zwischen den Mauern und dem gepflasterten Plätzchen befinden sich Beete, die mit Stauden und Rosen bepflanzt sind. Alles wirkt locker und leicht.
Vom Haus führt ein langer Weg an verschiedenen Gartenräumen vorbei in den Obstgarten. Hierbei handelt es sich um den Rabattenweg, der links und rechts wunderschön angelegte Beete beherbergt. Besonders attraktiv wirkt der Garten im Sommer. Neben Stauden, werden meist Sommerblumen und unendlich viele Dahlien in den Beeten verteilt, so dass sie ihre besondere Strahlkraft erst in den Sommermonaten entwickeln.
Die einstigen Besitzer Virginia und Leonard spürt man an jeder Ecke. Ihr einzigartiger Gartenstil findet sich in jedem noch so kleinen Eckchen wieder. Zum Gedenken zieren sie als Metallbüste den Feigengarten. Ein kleiner ummauerter Bereich, an dem Virginias erste Schreibstube untergebracht war. Heute spendet der Feigenbaum, der bereits schon vor ihrem Einzug dort stand, immer noch einen angenehmen Schatten.
Verlässt man die ummauerten Gartenbereiche kommt man in den Obstgarten. Wie der Name schon sagt, befindet sich hier eine wunderschöne Obstwiese mit altem Baumbestand. Diesen Gartenbereich liebten Virgina und Leonard besonders. Er hat sicherlich mit dazu beigetragen, dass sie sich entschlossen, dieses Haus zu erwerben. Auf verschlungenen Wegen kann man Lustwandeln und landet unweigerlich in Virginias Schreibklause. Diese hat eine kleine Terrasse, auf der auch heute noch die Bowlingkugeln zum Spiel bereit liegen. Man kann sich gut vorstellen, wie Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Bloomsbury-Group hier ihre heißen Sommertage verbrachte.
Die Bowling-Terrasse und der Bowling-Rasen befinden sich im oberen Gartenbereich, der sich an die Ummauerten Gartenzimmer und die Obstwiese anschließt. Dieser Bereich ist sehr großzügig und gepflegt gehalten. Ein runder Tauteich und eine Steinfigur bringen neben Buchskugeln etwas Formales, in den eher an Landschaftsgärten erinnernden Gartenbereich. Hinter einer Hecke versteckt sich noch ein riesiger Gemüsegarten, der in seiner Größe fast ein Drittel des gesamten Gartens ausmacht. Auch heute wird hier noch fleißig Gemüse angebaut. Wie in alten Zeiten.
Virginia ließ sich nachträglich ein weiteres Zimmer an das Haus bauen, dass ihr privates Schlafzimmer werden sollte. Dieser Raum hat keine direkte Verbindung zum restlichen Haus und kann nur über den Garten betreten werden. Rund um diesen Anbau entstand ihr Schlafzimmergarten. Eine L-förmige Rasenfläche die von Staudenbeeten umgeben ist. Bezaubernde Kletterrosen spannen sich hier um den Anbau und verleihen diesem Gartenraum ein romantisches Flair.
Bei jedem Gang durch den Garten erspürt man die Besitzer mehr und mehr. Man entdeckt neue Gartenräume, sieht schöne Pflanzen und erkundet ein Stück der Geschichte von Virginia und Leonard. Manchmal sieht man in den Pflanzungen ein bisschen Vita, die eine Zeit lang die Geliebte von Virginia war. Manchmal entdecke ich auch das Charleston Farmhouse in der Pflanzung wieder. Vanessa und und Virginia waren schließlich Geschwister. Und dennoch ist das ein ganz eigener Garten, wie ich ihn noch nie gesehen habe.
Genauso, wie Sissinghurst und das Charleston Farmhouse unseren Garten inspirierten, so tat es auch dieser Garten. Ich hoffe, dass man auch in unserem Garten die Persönlichkeit, Kraft und Energie der Besitzer wieder entdeckt, wie ich es in Monks House erlebt habe. Betrachtet man einen Garten, sieht man in das Herz des Besitzers. Hier offenbart sich, was sonst oft verborgen bleibt.
Welcher Garten hat Dich inspiriert? Was hast Du aus anderen Gärten übernommen? Ich freue mich über Deinen Kommentar. Jetzt geht es wieder nach Hause. Goodbye, Britain! Goodbye, Monks House!
Sincerly, Sven.
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4 thoughts on “Der Garten der Wortkünstlerin”
Guten Morgen Sven,
ich habe den morgendlichen Rundgang sehr genossen, danke dir für die eindrucksvollen Bilder und deine wunderbare Beschreibung des Gartens. Die englischen Gärten habe ich in natura noch nicht gesehen, daher bin ich begeistert über deinen Post. Und deine Begeisterung für diesen Garten kann man in den Zeilen auch deutlich spüren.
Hab eine gute neue Woche – lieben Gruß, Marita
Liebe Marita,
danke schön für Deine Rückmeldung. Ich freue mich, wenn Dir der Artikel gefällt und Du zumindest in Gedanken mit mir nach England reisen konntest. Vielleicht ergibt sich zukünftig noch eine physische Reise an diese wunderbaren Gartenorte. Danke, dass Du mich im Gegenzug und ebenfalls in Gedanken an Deinen tollen Spaziergängen teilhaben lässt. Demnächst bin ich sicher wieder bei Dir dabei.
Sei lieb gegrüßt,
Sven.
Moin Sven,
ich habe nun eine Weile auf deinem Gartenblog gestöbert und ich bin wirklich begeistert ! So vielschichtige Ideen, Tipps, Eindrücke nehme ich jetzt schon mit und dein Blog macht Lust auf mehr.
Der Gartenrundgang ist sehr inspierierend und zeigt eindrücklich, wie geschmack- und stimmungsvoll du euren Garten in so kurzer Zeit gestaltet hast. TOLL !!
Herzlichen Dank, dass du dies alles teilst ! Sonnige Frühlingsgartenzeit- Marile
Liebe Marile,
wow, was für ein tolles Kompliment. Das haut mich um und freut mich riesig. Es ist immer schön, ein Feedback zu erhalten, denn nur dann weiß man auch, dass andere wirklich eine Freude an meinen Texten und Bildern haben. Da teilt man die Gartenarbeit umso lieber. Sei lieb gegrüsst und weiterhin viel Freude beim Lesen und Schmökern.
Grüße von Sven.